Ersetzt Workaholismus für viele das Selbstwertgefühl? Inspiriert zu diesem Artikel, wurde ich, als ich den Beitrag „Sitzen ist das neue Rauchen“ in einem Fachmagazin las. Es ging dabei um die Verdeutlichung, dass tägliches stundenlanges Sitzen Inaktivität bedeutet, die über Jahre auf den Körper einwirkend Gesundheitsschäden ähnlich wie das Rauchen verursacht. Ja, wer viel sitzt, raucht, sich falsch ernährt, schlecht oder nur wenig schläft und ein Gedankenkostüm trägt welches einem Kriegsschauplatz ähnelt der schadet seiner Gesundheit, das ist jedermann bekannt.

Workaholismus – das neue Selbstwertgefühl?
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Aber was ist in verschiedensten Studien gemessen, durch Statistiken längst belegt und nachgewiesen der größte Energie -und Gesundheitsräuber?  Es wird kaum jemanden überraschen: Stress! Ein Begriff oder eine Bezeichnung für einen Zustand, den jeder für sich etwas anders definiert. Stress ist persönlich und setzt sich demnach auch für jeden Menschen individuell aus unterschiedlichsten Stressoren zusammen. Arbeitssucht neudeutsch „Workaholismus“ gehört, bis zum physischen und psychischen Zusammenbruch für viele nicht dazu,  ist aber das Ergebnis einer längeren Einwirkzeit von Stress auf Körper und Geist!

Die Grenzen vom Eustress zum Disstress sind fließend

 

Oft sind die fließenden Grenzen vom viel zitierten positiven Stress (Eustress), hin zum negativen Stress (Disstress) für viele unbemerkt längst überschritten. Kommen Stress, ungesunde Lebensweise und Bewegungsmangel noch zusammen, wird es für die Gesundheit richtig gefährlich. Die Symptomatiken bei chronischem Stress sind vielfältig und auch hier bei jedem einzelnen Betroffenen sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Kein Wunder, denn der Körper ist unter Stress einer „Adrenalinschwemme“ und einer Dauerarlarmbereitschaft ausgesetzt und Erholung und Regeneration durch nicht „abschalten können“ kaum möglich. Chronischer Stress äußert sich dann durch vielerlei Beschwerden. Innere Unruhe, Erschöpfung und depressive Zustände, kognitive Störungen, Schmerzen, Schlafprobleme, geringe Belastbarkeit, Antriebsschwäche, Verdauungsprobleme, Gereiztheit gehören ua. dazu.

Wenn wir die Ursachen für eine Berufsunfähigkeit und Ausscheiden aus dem Berufsleben aktuell betrachten, liegen mittlerweile die psychischen Erkrankungen bzw. Nervenleiden mit 28,67% an 1. Stelle! Damit sind die über viele Jahrzehnte an der Spitze liegenden Rücken -und Skeletterkrankungen unlängst abgelöst.

Stress resultierend aus Arbeitssucht, ungesunde Ernährung mit Bewegungsmangel sind zusammen Gesundheitskiller Nummer 1!

 

Eine Vielzahl dieser Erkrankungen, wurde mit facettenreicher „nevenzermürbender Reizüberflutung“ angefüttert und großgezüchtet. Und zu beobachten ist, dass zur Arbeitssucht , offensichtlich eine innere Leere verdrängend, Freizeitaktionismus bei vielen Menschen noch hinzukommt.  Multifaktorieller Aktionismus wird hier missbraucht als Schutzwall gegen eine Klarheit bringende Stille.

Hier geht es zum Artikel in der ShapeUp!

Ob nun „hausgemacht“ oder/und extern, emotional oder/und zeitstrukturell, über eine längere Einwirkzeit wächst Stress zu einem dicken Gesundheitsproblem für viele Menschen heran. Einige stehen, dem Krieg im Kopf geschuldet, vor der unlösbaren Aufgaben ihren Alltag meistern zu müssen, dem sie beruflich und privat irgendwann nicht mehr gewachsen sind. Was hat nun ein Fitnesstrainer, der mit „Körperertüchtigung“ seine Brötchen verdient mit gesellschaftskritischen und gesundheitspolitischen Themen am Hut?

Bekanntermaßen stinkt der Fisch immer vom Kopf her und der Körper kann nur jenem Geist folgen welcher im Kopf zuvor hergestellt wurde.  Als langjähriger Personal Trainer für Führungskräfte, Selbstständige und andere kreative Köpfe, ist man innerhalb einer guten Trainingsteambindung relativ schnell bei den wirklich wichtigen „Lebenskernthemen“. Die Tiefenstruktur für unerwünschte Verhaltensweisen des Kunden fordert weitaus mehr den Mental Coach und Verhaltenstherapeuten als den Sportanimateur. Die Betrachtung der Ernährungsweise und von außen inspirierte Sporteinheiten, wären hier eine oberflächliche und zu kurz gefasste Herangehensweise bei einem persönlichem Coaching, das die Gesundheit fördern soll.

Weniger ist mehr und in der Ruhe liegt die Kraft!

 

Die Interpretation der Gesamtheit eines Menschen, sowie die Förderung der Sensibilisierung gegenüber Bewußtmachung und Achtsamkeit beim Kunden sind primäre Aufgabe des modernen Personal Trainers von heute.  Um gegen die Eingangs genannten negativen Einflüsse auf die Gesundheit etwas zu unternehmen bleiben natürlich Sport und gesunde Ernährungen ein wesentlicher Baustein. Es kann allerdings nur der körperlich und mental Fit werden, der in der richtigen Reihenfolge Prioritäten setzt und das eine oder andere Verhalten, seine Lebens -und Arbeitsweise ehrlich reflektiert, überdenkt und ändert.

Wenn heute nach genauster Analyse völlig überarbeite Workaholics, stimuliert aus einem stets geringer werdenden Wohlfühlfaktor heraus, bei mir mit der Bitte auftauchen, „mach mich fit“, dann  habe ich häufig das Gefühl, diese Menschen sagen zu mir „gieße Öl in meine Feuer“. Mit Managern die sich 2 Mal in der Woche für ein Training aus ihrem Terminkalender „rausschneiden“ müssen (Originalterminus), wäre ein reines körperliches Training eine Zusatzbelastung und eher kontraproduktiv. Es sind alle Ventile der Maschine neu einzustellen und nicht nur die Einspritzpumpe was folgend ein wenig erklärt werden soll.

Immer Stark sein ist unmöglich, stark kann nur derjenige sein der sich nicht ständig schwächt!

 

Zu viel ist zu viel, auch für den stärksten, vor Kreativität nur so sprühenden, immer gut gelaunten, alle Belastungen weglächelnden und mit allen Kompetenzen gesegneten Supermanager. Der Kreis schließt sich: Workaholismus ist Suchtverhalten und selbstgemachter Stress, der seinen Urimpuls ua. aus einer übersteigerten eigenen und der Erwartungshaltung des Umfelds bezieht. Natürlich kann Fremdbestimmung in Abhängikeitsverhältnissen einen sehr hohen Stressfaktor darstellen. Warum ergeht es aber vielen Selbstständigen ähnlich?

Viele Menschen reduzieren ihren Selbstwert und den Sinn ihres Daseins auf die messbare „Arbeitsleistung“ in einer Leistungsgesellschaft,- die viele Leistungssystemfehler produziert. Leider werden in unserer Gesellschaft, schon von der Erziehung her, Menschen auf Leistung getrimmt, so dass zu häufig suggeriert wird: du bist erst etwas wert und genießt erst dann Zuwendung und Anerkennung wenn du eine bestimmte Leistung erbringst.

Workaholismus – ist Leistung allein schon Erfüllung?

 

Aber Leistung allein, die sich in Folge durch sozialen Status und monetärem Wachstum zeigen soll, machen zu häufig nicht zufrieden und glücklich, wenn die Erfüllung fehlt. „Marmorpaläste“ nebst Fuhrpark schützen jedenfalls nicht vor innerer Vereinsamung, Sinnentleerung und körperlicher Aushöhlung. Und so bleiben viele auf der Suche an falscher Stelle letztlich auf der Strecke. Ständig  überarbeitet sein, trägt so mancher wie eine Trophäe in Form eines riesigen Geweihs sichtbar für alle vor sich her. Ein trügerisch schmaler Grat zwischen Heldentum, gesellschaftlicher Anerkennung und die mit Schwäche belegten Burnouts und Infarkte der „Leistungsträger“ in diesem Land. Stets und ständig Leistung tragen wird für viele Menschen zu einer schweren Last mit welchem primären Mehrwert für wen eigentlich?

Wer ständig im roten Bereich fährt, schädigt seinen emotionalen und folgend seinen physischen Motor!

 

Kürzlich kippte der 49 Jahre alte BMW- Chef  und Manager Harald Krüger während einer Präsentation bei der IAA mitten auf der Bühne um. Kreislaufschwäche, sein Zustand sei aber stabil und nicht besorgniserregend hieß es aus BMW Kreisen lapidar dazu. Nicht besorgniserregend, wenn eine gestandener Mann im Besten Alter mit Kreislaufschwäche „rein zufällig“ zusammenbricht? Mag sein, und das sei dem guten Mann zu wünschen, dass er sich bald erholt von einem augenscheinlichen Symptom hinter dem vielmehr steckt. Aber was ist die Ursache und Wirkung und was die Schlussfolgerung aus der Kausalkette, persönlich für den einzelnen und gesellschaftlich?

Diese Fragestellungen und zielführenden Schlussfolgerungen werden in Führungsetagen oder Hochglanzmanagermagazinen zur „Förderung des humanitären Kapitals“ seltener erörtert. Oft wird hier Empathie verdrängt,  lediglich Steinzeitlendenschurz gegen Neuzeitnadelstreifen ausgetauscht und noch perfider und rücksichtsloser gekämpft als Neandertaler es je taten. Schneller, höher, weiter und Wachstum um jeden Preis verursacht an anderer Stelle einen hohen gesellschaftlichen Schaden, wenn Krankenkassen zur Kasse gebeten werden, um die Supergaus des Fortschritts zu reparieren. Wächst ständig etwas an der einen Stelle, entsteht an anderer Stelle ein Defizit und viele nehmen den Verlust an Gesundheit dabei billigend in Kauf.

Der Wert eines Menschen wird nicht durch die Gesellschaft, sondern durch jeden einzelnen selbst bestimmt, nur das schafft einen echten „Selbstwert“!

 

Was macht wirklich Sinn im Leben und wer bestimmt Sinn und meinen Selbstwert tatsächlich? Und: wozu tue ich dies und das, scheinen mir heute enorm wichtige Fragestellungen zu sein,  noch wichtiger als eine „oberflächliche aktivierte Bewegungseinheit“.  Die Sinnsuche muss dabei weder in einer esoterischen angehauchten „Vision Quest“, noch durch schwerwiegende Erfahrungen oder einem Schlüsselerlebnis induziert werden. Auch wenn es die unkaputtbaren Alphatiere dieser Republik es bis zu ihrem Infarkt nicht hören wollen: Stressresistenz entsteht zunächst einmal vor allem aus einem einfachen „weniger ist mehr“ und „in der Ruhe liegt die Kraft“. Dann ist auch Zeit und Energie für Bewegungsprogramme da die dann tatsächlich als Stresspuffer wirken können.

Sport, ausgewogene Ernährung und eine sinnvolle Relation von Belastung und Erholung sind Gesundheitsprävention und erhöhen die Stressresistenz!

 

Was ist zu tun? Vor jeder Erstmaßnahme an und mit unserem Klienten, ist der Blick auf uns selbst ein zentraler Punkt!Wer als Trainer selbst unter Termindruck, Unausgeglichenheit, innerer Unruhe- ja Stress leidet , sollte bevor er sich Klienten zumutet um mit diesem über Stress zu „philosophieren“ seine eigenen Baustellen bearbeiten. Wort und Tat in eigener Sache, müssen der Glaubwürdigkeit zuliebe kongruent sein. Es ist insgesamt ein sehr komplexe Thematik, bei der wir als Trainer mit aller höchster Sensibilität und empathischer Gesprächsführung unsere Klienten von der Problemstellung zur Lösung führen müssen. Möglichst noch bevor wir unsere Klienten mit einem überschwelligen Training weiter ausbrennen.

Einen guten Mediziner im Vorfeld des Trainigsstart in die Anamnese mit einzubeziehen, der gerade Menschen mittleren Alters vor dem Training auf „Herz und Nieren prüft“ und Stressmarker messen kann, zeigt da nur die hohe Kompetenz eines guten Trainers.  Mit unseren Kunden eine genaue mentale Analyse über die wichtigen Lebensbereiche durchzuführen, um diese für eine genaue Betrachtung ihrer eigenen Werteskala und Zeitstruktur zu gewinnen ist der nächste Schritt.

Die schnell von außen verschriebene Patentlösung, in Form eines Trainingsplans wäre jedenfalls ein unmündige Behandlung und erbringt auch nicht die so wichtige Übernahme der Eigenverantwortung eines erwachsenen Menschen.  Der Kunde braucht zunächst Training darin, eine neue Denk -und Handlungsstruktur zu kreiren um Stresskompetenz und Stressbewältigung zu entwickeln. Er muss selbst zur Einsicht gelangen, sein Changemanagement übernehmen und aus eigenem inneren Antrieb die Lösung, sprich seine Lösung finden.

Fragen sind besser als schnelle Antworten

 

Dem „beginnenden Sportler“ offene Fragen stellen, die alle mit W anfangen und letztlich zunächst zeigen soll wie weit der Kunde bereits  im „Stresshamsterrad“ steckt, ist hierbei der erfolgversprechendste Einstig. Wofür tust du das? Wann erholst du dich? Wie erholst du dich? Was soll sich verändern? Wann soll sich etwas verändern? Wie willst du dich fühlen?-sind solche Kernfragen. Und dabei dem Kunden nicht automatisch und zwanghaft die Antwort in den Mund zu legen, führt diesen automatisch in die Selbstreflexion.

Um ein „Future Pace“, ein verändertes positives Zukunftsbild beim Kunden zu installieren,  bedarf es der Mobilisierung von Visualisierungskräfte beim Kunden. Diese zu wecken ist unabdingbar für seine Fähigkeit, sich etwas anderes als den belastenden Ist-Zustand vorzustellen. Auf Grund genannter Lösungsansätze sei eingefügt: es ist wichtig für den Personal Trainer, wenn er auf Dauer am Markt bestehen will, sich mit Mental Coaching und Kommunikationstechniken auseinanderzusetzen um sein Leistungsspektrum den wachsenden Erfordernissen zukünftig anzupassen..

Dem Kunden, neben ressourcenorientiertem Coaching, Ernährungsmodifikation und gesundheitsorientiertem Kraft -und Ausdauertraining vor allem „Entschleunigungswerkzeuge“ an die Hand zu geben sind andere wesentliche Maßnahmen. Unseren Klienten progressive Muskelentspannung, Meditation, Selbsthypnose, autogenes Training oä. näher zu bringen und ihn dahingehend anleiten zu können wird heutzutage immer wichtiger. Der Kunde muss sich wieder „besinnen“ lernen und in seine eigenen Bedürfnissen hineinspüren können.

Dazu müssen sich die undurchschaubaren aufgewühlten Gedankenfragmente  zum Grund seines Glases setzen um wieder klar zum Grund zu sehen. Der von mir sehr geschätzte Coach Stephane Etrillard bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Wenn Du dich, wie aktuell sehr viele, fragst, wie lange es so weitergehen wird, weil Du einfach nicht mehr kannst, entschleunige dringend Dein Leben. Nimm Dir eine Auszeit zum Nachdenken, um die Weichen für Dein Leben neu zu stellen. Durch die Ruhe und die Selbstreflexion kommt oft die Antwort auf viele Sinnfragen.“

 „Vielarbeit“ und Arbeit als Sucht, – ein Unterschied

 

5 Mal in Folge ein „Warum“ von der Eingangsfrage ausgehend auf die jeweilige Antwort neu gestellt, zeigt die erwähnte Tiefenstruktur und Urinspiration unseres Handelns. Manchmal reichen auch schon dreimal aus, um an den Kern des Motivs und eine Antwort zu gelangen. Wer dann wirklich noch überzeugt ist, das sein Handeln und seine Lebensart passen sind um das Motiv auszufüllen,  muss sich leider weiter „den A….“ aufreißen bis er durch Schaden klug wird. Es gibt im Internet einige sinnvolle Fragebögen, die uns als als Leitfaden dienen könnten um festzustellen ob nur „viel gearbeitet wird“ oder ob bereits eine tatsächliche Arbeitssucht vorliegt. Hier soll auch ein Unterschied zwischen nur Vielarbeiter und Workaholics herausgearbeitet werden.

Es gibt viele wirksame Methoden und Menataltrainingsformen, die unserem Kunden helfen können den Einstieg in den Ausstieg zu finden. Aber: Wir sollten als Trainer sehr ehrlich auf unsere Kompetenz schauen, ob wir von unserem Ausbildungs- und Erfahrungshintergrund her eine reale Möglichkeit sehen unserem Klienten wirklich zu helfen. Ist da Verunsicherung zu spüren,  oder der Verdacht auf Krankheitsbilder deuten könnten ist das ein „No Go“ ! Auch hier zeigt sich der Reifegrad eines Trainers, dann an einen anderen geeigneteren Kollegen oder einen Mediziner zu verweisen und den Schein von Omnipotenz zu vermeiden.

Eine Veränderung geht nicht über Nacht, sondern braucht ein Verhaltenstraining

 

Dann sorgen wir dafür, dass der Kunde in besten Händen ist! So tragen wir alle zu einer ehrlichen Mitverantwortung für wirkliche Kundenbefriedigung bei , der Stärkung der Qualität und nicht zuletzt am positiven Image unseres Berufs. Alles spricht jedenfalls dafür, das es zukünftig nicht mehr genügen wird, ständig sein Trainingsequipment und sein Angebot mit allerneusten Übungen zu erweitern, um einen höheren Spaßfaktor zu erzielen.

Die Veränderungen der letzten Jahre zeigen, dass wir als Trainer gefragt sein werden, uns auf dem breiten Terrain „Stressmanagement“ und Mentaltraining auf sehr viel Arbeit einzustellen. Das fördert auch bei uns als Trainer das so wichtige lebenslange Lernen! Und eines sollte nicht vergessen werden: Wer als Trainer selbst unter Termindruck, Unausgeglichenheit, innerer Unruhe- ja Stress leidet , sollte bevor er sich Klienten zumutet seine eigenen Baustellen bearbeiten. Wort und Tat müssen wegen der eigenen Glaubwürdigkeit kongruent sein.