Ob Smartphones per se asozial machen können, ist eine Frage, die weder mit ja noch mit nein beantwortet werden kann. Was natürlich auch bedeutet, dass sie es natürlich könnten, je nach Gebrauchsgewohnheiten und Zugriff auf soziale Kompetenzen des Nutzers. Das ein permanent engmaschiger Gebrauch von Smartphones in vielen Lebenskontexten Einfluss auf das Gesamt- und Gesprächsverhalten nimmt, ist wohl unstrittig. Ein technisches Gerät als solches kann mit uns allerdings nichts machen was wir nicht bewusst zulassen oder gezielt selbst tun! Sicher kann die Nutzung bestimmter Inhalte auch fröhlich und auch klüger machen. Und sehr oft ist das Smartphone auch sehr praktisch und hilfreich. Aber nicht nur! Vielleicht vermag es eine innere Leere kurzzeitig zu überdecken, beseitigen kann es diese sicher nicht.

Können Smartphones asozial machen? Sie könnten!

Können Smartphones asozial machen? Sie könnten!   Foto: pixabay

Vereinsamung, Isolation, soziale Kälte und depressive Verstimmungen werden jedenfalls in Zeiten der Digitalisierung, bereits auch durch die Wissenschaft bestätigt. Wir alle wissen was die Ursprungsidee von Herrn Zuckerberg mit der Gründung von Facebook war. Am Leben der „Freunde“ teilhaben ohne diese treffen zu müssen. Es  gibt mittlerweile viele Studien über den „gedankenlosen“ Gebrauch von Handys und auch über den Umgang mit Social Media. Das Journal „Cyberpsychology, Behavior and Social Networking“ veröffentlichte kürzlich eine Studie östereichischer Wissenschaftler in der Entzugserscheinungen nach 7 tägiger Abstinenz von Social Media festgestellt worden sind, ähnlich wie nach dem Absetzen von Suchtmitteln.

Kommunikation hat viele Gesichter, das Wertvollste ist von Angesicht zu Angesicht

 

Und die psychosoziale und „mitmenschliche“  Komponente weist einige degressive Facetten auf, die auch in der Eingangsfrage stecken. Denn wer überbordend Zeit in den Social Media verbringt, kann sich gerade nicht direkt mit einem anderen Menschen sozialisieren. Jeder kennt die Szene: Menschen sitzen sich gegenüber und starren auf das Handy. Das ist für den ausführenden als auch für den realen empfangsbereiten Partner, Freund und Mitmensch ein Verlust an direkter Kommunikation. Ganz klar, wer ständig nach unten blickt, kann nicht nach vorn sehen, aber auch seinen Gesprächspartner nicht an.

Diese vielen kleinen Amputationen an emphatischen 1zu1 Begegnungen haben massive Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft. Dazu ein folgenschwerer Satz des ehemaligen des Vize Presidenten Chamath Palihapitiya, der für das Nutzerwachstum bei Facebook zuständig war: „Ich glaube, wir haben Werkzeuge geschaffen, die die Strukturen auseinanderreißen, auf denen die Gesellschaft basiert“! Wir googeln in einer fremden Stadt eher ein Restaurant, Autowerkstatt oder Aussichtspunkte als das wir jemanden fragen.

Achtsamer Konsum digitaler Medien verhilft zu mehr Zeit für echte Beziehungen

 

Kinder werden in die Digitalisierung mit all den vorgelebten Gewohnheiten hineingeboren und verlernen gleichzeitig tiefer gehende Gespräche zu führen. Chinesische Wissenschaftler haben herausgefunden das „Phubbing“ (zusammengesetzt aus „phone“  und „to snub“ -jemanden vor den Kopf stoßen) ein massiver Beziehungskiller sein kann der die Zufriedenheit in der Partnerschaft verringert und bis zu Depressionen führen kann.

Natürlich, der permanente Display Glotzer wird als unachtsam, desinteressiert und unhöflich wahrgenommen. Dem Handy wird eine höhere Priorität eingeräumt als dem Gespräch mit dem Partner. Andererseits ist auch bewiesen: Wenn während der Gespräche keine Smartphones auf dem Tisch liegen, werden diese als tiefer, bedeutsamer und erfüllender eingestuft. Wir empfinden mehr Empathie, völlig unabhängig vom Alter, Geschlecht oder ethnischer Herkunft unseres Gesprächspartners. Wer stets ein Defizit verspürt etwas zu verpassen, wenn er offline ist, glaubt wahrscheinlich nicht mehr, dass er diese Mängel im Gespräch oder im gemeinsamen SEIN mit seinem Partner ausräumen kann. Schade.

Den verschwommenen Rand um das Handy nennt man Leben

 

Hier soll nicht die Verteufelung digitaler Medien vorgenommen werden, sondern viel mehr die Medienkompetenz anregen. Denn jede Wirkung hat  Nebenwirkungen, natürlich auch positive. Wenn ich zB. per Videoanruf meinen Gesprächspartner am anderen Ende der Welt direkt sehen kann, was für eine technische Entwicklung! Der achtsame Umgang mit dem Handy und digitalen Medien, bis zur gezielten Online Abstinenz kann ein Gewinn an Zeit, menschlicher Verbundenheit und eine Reduktion der tückischen Reizüberflutung bedeuten. Es ist und bleibt wie immer, insbesondere wenn etwas Fluch und Segen gleichzeitig zu sein scheint. Die Dosis macht das Gift!