Chauvinistischen, steinzeitlichen Allgemeinplätzen aus der Kneipenliga folgend müsste der Trikottausch und die sexuellen Präferenzen pummeliger Fußballerinnen, nicht nur dort, sondern auch allgemein, das Hauptthema im aktuellen Fußballgeschehen sein. Da wo dicke Bierbäuche an die Stammtischplatte drücken und dadurch die Blut-und Sauerstoffzufuhr zum Zentrum eingeschränkt ist, ist gerade dort, wo Fitnesstraining als einarmiges Heben verstanden wird, alles in bester alter Ordnung. Frauenfußball? Tränensäcke mit Sprechblasenschwäche tragen da nicht mehr soviel substanzielles zur kollektiven Meinung bei.

Frauenfußball WM - Fitness-und Krafttraining als Grundlage

Fitness- und Krafttraining als Grundlage für Siege?
  Foto: flickr.com teliko82

Denn Frauenfußball wird vielerorts seit einiger Zeit erstaunlicherweise viel differenzierter und fachlicher diskutiert. Gerade dann, wenn das von sich selbst „umflorte“ Auftreten der Deutschen Frauenfußball Elf bei der WM zum Anlass genommen wird, tatsächlich über Aufstellung, Dribbelstärke, Zweikampfhärte, Taktik, Spielaufbau, mentale und körperliche Verfassung zu diskutieren. Dass einige dieser Fähigkeiten dem zweimaligem Weltmeister zeitweise abhanden gekommen zu sein schien, ist wohl ursächlich für den verpassten, so sehr erhofften „WM Hattrick“ im eigenen Land.

Was ist also davor, währenddessen und danach anders geworden im Teutonenfußballschland? Einiges, Frauenfußball ist jedenfalls seit 1970 nicht mehr verboten und wird auch nicht mehr als moralisch verwerflich angesehen, und das ist auch gut so. Jetzt gibt es Public Viewing, schwarz rot goldenes Fahnenmehr und Getröte, welches die Lust auf ein neues Sommermärchen mit Damen zeigte. Gerade so wie bei den Herren der Schöpfung. Problematisch ist es wenn, und die Wahrheit liegt ja bekanntermaßen auf dem Platz, sich exakt dort der Fußballwind dreht und man mit Plattitüden Klassikern wie: „es sollte nicht sein“, Niederlagen auf Männerniveau hochzustilisieren versucht (in Fußballersprache korrekt: hochsterilisieren – Bruno Labbadia).

Frauenfußball mehr als Lückenbüßer?

 

Ein Sommermärchen wie der aktuelle Sommer: durchwachsen! Ob zu viele „Nebenkriegsschauplätze“ nicht doch die Kraft aus den Damenbeinen gesaugt haben, um für die eigenen Erwartungshaltungen schnell genug zu laufen muss auch wie bei den Herren hinterfragt werden dürfen. Über Bindegewebsschwäche wird bei Fußballfrauen schon lange nicht mehr im eigentlichen Sinne geweint, sondern eher hinter vorgehaltener Hand über jene fehlenden bindegewebigen Strukturen beim Spielaufbau und der Verknüpfung einzelner Mannschaftsteile untereinander.

Es wird beim Damenfußball jetzt auch ohne Kurzhaarschnitt Marke Bubikopf getreten, gegrätscht und geknüppelt, bis die Kreuzbänder reissen und  dem geneigten männlichen Fußballzuschauer vor Schreck der Testosteronspiegel in den Keller rauscht.

Die kleinen Fußballnationen haben aufgerüstet

 

Lange konnte man im Frauenfußball, Fußball arbeiten, ein bisschen spielen und Siege im Abonnement einfahren und der Meinung sein, das bleibt so, weil der Fußballgott ein Deutscher ist. Dem scheint aber die Lust auf den Bund deutscher Mädel vergangen zu sein, wenn andere Nationen, die früher als bessere Trainingspartner angesehen wurden, jetzt schneller und agiler mit Ball sprinten, präziser passen, ballsicherer dribbeln, und aus einer Chance ein Tor erzielen, und das in der 108. Minute wie nachfolgendes Video zeigt:

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Der kleine Unterschied wird jedenfalls immer kleiner, auch in der suboptimalen Aufarbeitung des Geschehens. Und man hat sogar Ballaksche Parallelen erkennen können wenn aus dem Prinz eine Prinzessin auf der Erbse wird. Die Bundestrainerin hat, wie sich das gehört, kurz aber laut über Rücktritt nachgedacht, um schnell von allen Seiten geballte Zustimmung zu ernten. Gut so Theo, Du stehst nicht nur bei Jogi sondern auch bei den Frauen mit tröstendendem Pathos Deinen Mann. So sehr unbestritten die Erfolge der Bundestrainerin Silvia Neid auch sind, so sehr überrascht dennoch die vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2016,  noch vor dem ersten rollenden Ball.

Wahrscheinlich ist damit aber die Auflage verbunden, dass Frau Neid  bis 2016 ihre Teilnahme an sehr vielen vom DFB initiierten Kursen zur Thematik Stress- und Kritikbewältigung nachweist?! Die Geschichte Frauenfußball WM 2011 ist jedenfalls geschrieben. Wir waren wieder sympathische Gastgeber und haben nur gegen den aktuellen Weltmeister Japan verloren, könnte man wohlwollend meinen. Ja richtig, aber wie?:-stehend KO. nämlich, wenn durch augenscheinliche Ermüdung und fehlende Konzentration beste Chancen verstolpert werden.

Und nochmal zurück zum Stammtisch und dem Thema Fitness: klar ist, keine Thekenmannschaft, selbst höchstmotiviert und mit welchem Brusthaartoupet auch immer bewaffnet, würde gegen ein Teilnehmerteam dieser Frauenfußball WM gewinnen. Insgesamt hat sich bemerkenswert viel im athletischen Bereich getan im Frauenfußball, und auch das ist gut so, das kann man wirklich mitansehen.

Aber die Fitness, die man braucht um Weltmeister zu werden, ist hoch und lässt sich nur schwer mit dem Mund antrainieren.

 

Da waren die „deutschen Mädels“, wie es so schön heisst, lange absolute Weltklasse.Waren! Fast erinnert das alles ein wenig an die Zeit vor Klinsmann. Wir sind insgesamt nicht wesentlich schlechter gewesen als bei dem letzten Titelgewinn. Nur sind andere Nationen hingegen zwischenzeitlich, insbesondere was die körperliche Verfassung, Spielfreude und Spielintelligenz anbelangt,  um ein Vielfaches besser geworden. Mitfavorit Brasilien kann dieses Klagelied mitsummen, dass im Sport auch ehemalige Dauerverlierer gerade durch Niederlagen wachsen.

Grundvoraussetzung spielerische Fähigkeiten an die Frau zu bringen ist und bleibt Fitness. Auch wenn an deutschen Frauenbeinen keine Spur von Cellulite durch das umfangreiches Training auszumachen ist, bestimmen die inneren Werte. Da wo Japan ist, ist jetzt vorn im Frauenfußball, kämpferisch, spielerisch, taktisch und vor allem Fitness betreffend. Glückwunsch, Japan ist verdienter Weltmeister!