Viel ist schon geschrieben, gesagt, gesehen und gehört worden zum Thema Muskelaufbau, das viele als das Hauptmotiv schlechthin nennen, sich regelmäßig ins Studio zu bewegen. Fast immer geht es um das wer , wie, was trainiert, selten um das wann und wieviel. Wer bewegt aber tatsächlich was, wenn Gewichte mit dem „Königsziel“ mehr Wachstum bewegt werden?
Diejenigen, die die wichtigsten sportbiologischen Grundlagen kennen oder jene Sportler, die ihre Trainingsmaßnahmen instinktiv wählen? Trainierende, die eine bestimmte Kombination von „Mitteln“ für ihren Erfolg bevorzugen, fragen jedenfalls seltener nach Trainingsbasics, weil oft schon im Vorfeld die Werteskala zu Gunsten der Stimulanzien verschoben ist. Hier soll es jedoch um das Produzieren und Regenerieren der körpereigenen Mittel in Bezug auf den Zeitfaktor gehen, der bei vielen eine falsche oder nur untergeordnete Rolle spielt.
Muskelaufbau folgt einfachen aber wichtigen Gesetzmäßigkeiten
Dabei muss sich die Wahl der einzusetzenden Trainingswerkzeuge zunächst nach dem „Urrohling“ richten, den man genau kennen sollte. So wie ein Bildhauer den entsprechenden Meißel zur Formung und Gestaltung eines Gesteins auswählen muss, wenn er den Rohling nicht mit einem Presslufthammer zerstören will. Die Umfänge der Arme und Beine steigern sich jedenfalls nicht immer automatisch proportional zur Länge eines Trainingsplanes, soviel steht fest.
Die meisten Freizeitsportler sind einem tatsächlich überschwelligen, hochintensivem Training mit einer Dauer von über 2 Stunden 6x i.d. Woche vor allem wegen der hormonellen Konstellation nicht gewachsen, und somit kann auch nach einiger Zeit nichts mehr wachsen, weil die wichtigen Ruhezeiten fehlen. Der Muskel wächst nämlich ausschließlich in diesen Pausenzeiten und nicht wie viele annehmen beim Training selbst, auch wenn es sich so anfühlt.
Zu wenig Erholung kein Muskelwachstum
Trotz Split Programmen für die einzelnen Muskelgruppen, gibt man dennoch vor allem der Steuerungszentrale Gehirn nicht mehr genug Zeit zur Erholung. An der Stelle wird dann vorschnell nachgeholfen und auf „Mittel“ zurückgegriffen, ohne vorher über eventuell hausgemachte Trainingsstillstände nachzudenken und die Gründe dafür zu beleuchten. Viele bringen sich durch das Kopieren von Trainingsplänen und diversen Intensiv Trainingsformen der Professionelles aus einschlägigen Fachmagazinen ehr in einen abbauenden (katabolen) als aufbauenden (anabolen) Zustand (die hormonelle Lage dieser Männer ist immer anabol!!!).
Schuld ist die vermehrte Ausschüttung von Cortisol, die sukzessive zur Trainingsdauer ansteigt und der körpereigenen Testosteronproduktion entgegenwirkt und schlimmsten Falls eliminiert, also genau das, was man vermeiden möchte. Es wird nicht zu hart trainiert, sondern zu oft und zu lange, alles mit dem Ziel maximalen Muskelaufbaus, nach dem Motto, viel hilft viel.
Kürzere aber hochintensive Einheiten sind besser als zu oft trainieren
Als früherer Bodybuilder, Kraftzweikämpfer, festangestellter Fitnesstrainer, Trainingsleiter und letztlich als Personal Trainer trainiere und arbeite ich seit vielen Jahren in Fitnessstudios (seit1986). Eine sehr viel längere Zeit als die meisten, auch ambitionierten Sportler im Gym verbracht haben und verbringen werden. Eine Zeit in der man unendlich viele Gespräche über Training und dessen Zusammenhänge führt und man dadurch falsches Training sehen und fast schon spüren lernt. Ich kann sagen das ich schon anhand der Übungsausführung und bei bei flüchtigem hinsehen wahrnehme, das nach ca. 70 min. weniger intensiv korrekt trainiert wird, zu viel abgefälscht wird, Bewegungsabläufe kürzer werden und man sich mit unzähligen Nebensätzen verzettelt!
Das zentrale Nervensystem sendet hier keine qualitativen Signale mehr zur Muskulatur die notwendig sind, um möglichst viele Muskelfasern (motorische Einheiten) zu erreichen und zu stimulieren, der erwünschte Pumpeffekt bleibt aus.
Wenn dann noch nach jeder Session aerobes Training mit dem Ziel, die Fettverbrennung anzukurbeln, angeschlossen wird, steigt der Cortisolspiegel weiter, die Energiespeicher sind so geleert das wertvolles Muskeleiweiß angegriffen wird! Natürlich ist richtig das eine Substanzsteigerung auch nur durch progressive Trainingsreize zu erreichen ist, das aber nur in einem dem Trainingszustand angepasstem Verhältnis und mit einer optimalen Relation von Belastung und Erholung.
Die Ernährung spielt hier ebenfalls eine wichtige Rolle, da sie das Fundament bildet, das sicher auch mit entsprechenden Supplements untermauert werden kann. Ergänzung ist allerdings nicht Ersatz für wichtige Hausaufgaben.
Nahrungsaufnahme sofort nach dem Training wichtig
Wer zBsp. mit dem „Aufladen“ nach dem Training zu spät beginnt beraubt sich großer Effekte, die mit schnell verfügbaren kurzkettigen Kohlenhydraten und natürlich leicht verdaulichem Eiweiß und Kombiprodukten erreicht werden können und sofort nach der Einheit konsumiert werden sollten.
Der klassische „Post-Workout Proteinshake“ allein ist zu wenig, da vor allem die Glykogenspeicher in der Leber und Muskulatur leertrainiert sind und nach „Futter“ rufen und in der Zeit nach dem Training reagieren wie ein Schwamm. Und das immer oder stets, um beim Zeitfaktor zu bleiben! Wer hingegen mit leeren Zellen, also ohne Frühstück und damit energielos ein Power Training antreten will, muss sich fragen, woher eigentlich die Energie kommen soll, die beim Training an den Gewichten rekrutiert werden muss?! Auch hier kann nur ein stagnativer oder abbauender Zustand die Folge sein! Auch die Öffnungszeiten einiger Studios von 24h sollte nicht zu der Denkweise führen, man kann Nachts automatisch einen ebenso guten Fortschritt machen wie am Tage.
Biorhythmus einhalten ein wesentlicher Aspekt beim Muskelaufbau
Der Körper unterliegt einem einfachen Biorhythmus: am Tage Aktivität, Nachts Ruhe und Regeneration. Trainingseinheiten am späten Abend sorgen nicht für eine Beruhigung vor der Nachtruhe und lassen die Qualität dieser sinken. Umso härter die Trainingseinheit, desto länger muss die Ruhephase sein um der Muskulatur, dem ZNS, dem Knorpel und den bindegewebigen Strukturen Zeit zu lassen, auf die Trainingsreize mit Aufbau zu reagieren.
Wer schon müde, unkonzentriert und gereizt an das 2.Training in der Woche geht, Bewegungen nur mechanisch ausführt, ohne den Zielmuskel in der Tiefe zu spüren ist mit hoher Wahrscheinlichkeit schon in einem Übertrainingszustand! Wie lange die Ruhephase sein muss, ist individuell unterschiedlich und vom Trainingszustand und Leistungslevel des Sportlers abhängig. Das „Instinktprinzip“, von Joe Weider als Pionier des modernen Bodybuildings entwickelt, meint das jeder Fortgeschrittene in Bezug auf Training, Pausenzeiten und Ernährung seinen eigenen Weg finden muss und sensibel in sich hineinhören sollte.
Instinktprinzip hat schon Arnold zum Muskelaufbau angewandt!
Zu empfehlen ist, nicht stur einen Plan „durchzuturnen“, sondern sich auch mal 2 Ruhetage zu gönnen, obwohl nur einer im Programm steht, wenn es das Körpergefühl signalisiert. Auch eine ganze Woche Trainingspause nach einem 5-7 wöchigem Trainingszyklus setzt neue Kräfte frei. Regenerative Maßnahmen wie Stretching, Sauna oder Massagen sollten in dieser Zeit stattfinden.
Instinkte, die in den Körper fühlen können und durch regelmäßige Praxis entwickelt und geschult werden und das Wissen um die wichtigsten Grundlagen sind auf jeden Fall eine untrennbare Symbiose die man braucht um Fortschritte zu erzielen. Letztlich ist der scheinbare Zeitverlust durch eine gezielt gesetzte Trainingspause real ein Zeitgewinn, wenn man bedenkt wie viel Zeit durch das Vermeiden von Übertraining und Stagnation zurückgewonnen wird. Über das wie und was, dazu demnächst mehr. Stay hungry…
Ich schließe mich den Ausführungen an. Zwei Aspekte möchte ich gerne noch anführen. Zum einen scheuen sich viele Trainierende die wirklich effektiven klassischen Kraftübungen in ihr Programm einzubauen. Sie machen Unmengen an leichteren Isolationsübungen. Folge ist ein, wie oben beschrieben, ewig langes Training, da man für jeden Muskel ja eine Übung vermeint zu brauchen.
Es sind Übungen wie Kniebeugen, Kreuzheben, Klimmzüge, Langhantelrudern etc…welche Muskeln aufbauen (natürlich nicht alle auf einmal :-). Sie haben einen Nachteil – sie sind richtig anstrengend, aber effektiv!
Das Bankdrücken in meiner obigen Auflistung fehlt, hat den Grund das diese Übung fast immer im Programm enthalten ist. In allen Varianten mit einer Unmenge an Sätzen, denn Brust ist ja ein Ego – Muskel. Quantität hoch – Qualität niedrig ist gleich Übertraining und somit kein Muskelaufbau.
Dieser Umstand nebst dem Fakt, dass der Gegenspieler Rücken wenn überhaupt nur mit wenigen Übungen und Sätzen trainiert wird, führt über kurz oder lang zu Schulterverlertzungen.
Also lieber wenige Grundübungen in exakter Ausführung und ausgewogener Übungsauswahl für den ganzen Körper.
Danke Dirk, für Deinen fundierten Kommentar und die so zutreffende und brilliante Formulierung „Ego- Muskel“! Würden einige Sportler mehr für die „Nicht- Egomuskeln“ tun, wäre dies neben der Verletzungsvorsorge ein Beitrag für ein ausgewogeneres Training, kompletteres Aussehen und letztlich dann auch mehr für’s Ego.
Wie ein Schleier der vor den Augen gelüftet wird, super Tipps: wenn man so vor sich hintrainiert merkt man gar nicht wie tief man bereits im Loch drinsteckt. Kaum jemand macht ein darauf aufmerksam das man sich bereits in einem Übertraining befindet und deshalb kein Wachstum stattfindet. Ich werde meine Planung jedenfalls überdenken. Danke für den Beitrag
Muskelaufbau mit den richtigen Mitteln macht natürlich mehr Spaß. Nicht leicht sich durch den Wust von Infos was Muskelaufbau betrifft durchzukämpfen um die eigene richtige Trainingsstrategie zu finden. Das hier ist logisch und verständlich erklärt, weil, es geht nicht nur um Details sondern um die GRundausrichtung. Danke
Ausgezeichnetes Posting. Ich bin häufig hier und überprüfe Neuigkeiten in diesem Blog und ich bin beeindruckt! Sehr viele hilfreiche Informationen, besonders was die Betreuung durch einen Personal Trainer ausmachen kann. Ich war für eine lange Zeit auf der Suche nach solch einem Blog. Vielen Dank und viel Glück.
Entwerder man befasst sich genau mit dem Thema Muskelaufbau, lebt diesen Sport mit allen Schwierigkeiten und geilen Momenten. Oder man engagiert einen Personal Trainer wenn man das nötige Kleingeld hat. Guter Artikel!
Hallo Leute ! Wirklich ein ausgezeichneter Ort – es ist immer wieder eine Freude im blog.rorocoach.de zu lesen. Ich kenne wenig Web-Seiten wo Information mit Unterhaltung so gut verbunden ist. Großartig, weiter so!
Hallo Jessica, danke, nur Unterhaltung kann auch tatsächlich wichtige Infos transportieren.
Du hast eine wirklich guten Artikel geschrieben, weil Du kritisch Dinge unter die Lupe nimmst, die alle aufgeklärten Bodybuilder wissen, aber es oft nicht oder zu wenig umsetzen. Das ist für mich was ein Trainer leisten muss, Aufklärung vor Auftrag!
Danke für Deinen Kommentar! Genau: Ein Trainer sollte Brückenbauer sein, zwischen dem was der Klient glaubt trainieren zu müssen und dem was fachlich wirklich von Relevanz ist. Auch bei einem Auftrag weniger bleibt die umzusetzende zielführende Arbeit mit dem gewissen Schuss an Wahrheit das Wichtigste.
Hallo Robert, Cooler Blog, coole Artikel. Viel hilfreiche Informationen aus der Praxis. Scheint jetzt immer mehr ein Trend bei Personal Trainern zu werden, einen Blog zu haben. Mir gefällt die Gesamtperformance ohne Schnick Schnack! Servus Stan
Danke Stan für Deinen Kommentar. Klar, den Trend nehme ich auch wahr, das viele über Ihre Tätigkeit in ihrem Blog berichten, nicht nur Personal Trainer. Selbst finde ich Hochglanzseiten zweitrangig, wenn vor allem fachliche Inhalte dabei zu kurz kommen.
Das ist es wirklich wert zu lesen. Ich finde den blog.rorocoach.de sehr informativ und habe viele Blogs gelesen in letzter Zeit. Wie Sie sprechen zeigt Sie kommen aus der Praxis … mit den besten Grüßen GB
Coole Site. Zum Muskelaufbau braucht man schon Erfahrung. Leider kann ich mir kein Personal Trainer leisten, aber die Information hier helfen weiter.
Personal Trainer in GRoßstädten wie Berlin oder München sind kein billiges Vergnügen. Aber es ist sicher eine gute Investition. Der Artikel gefällt mir, weil viel wahres dran ist und sicher vielen jungen Trainierenden helfen kann.