Wie ist denn das nun, kann ergänzen ersetzen sein, gibt es was, das ergänzungswürdig ist oder soll Ergänzung gar was reduzieren, aufbauen, was beschleunigen oder abführen, vor allem bei wem, warum, wann, was, wie viel?

Nahrungsergänzung oder Ergänzungsnahrung

„Natürliche Vitamine“
foto: flickr.com philip daun

Die Verunsicherung auf dem Sektor Nahrungsergänzung ist groß und führt bisweilen – sollte durch das Schwinden körperlicher und mentaler Belastbarkeit der Wunsch nach Wohlbefinden und Vitalität übergroß werden – zu einer sisyphosartigen Suche nach leichten Lösungswegen.

Denken und Handeln vieler Suchender werden hier sehr oft geprägt von marketingstrategischen Lockrufen.

 

Ergänzung wird Ersatz, die uns aus der Verantwortung entlässt, eine objektive Analyse über unser Ernährungsverhalten zu erstellen, um daraus sinnvolle Maßnahmen abzuleiten. Die Informationsflut zu diesem Thema ist erdrückend und je nach Interessengruppe von völlig unterschiedlicher Kommunikation und Zielorientierung bestimmt.

Als Personal Trainer führe ich innerhalb der Ernährungsberatung viele Gespräche über die Sinnhaftigkeit von Nahrungsergänzung, aber viel mehr über die persönliche Nahrungsoptimierung meiner Klienten. Unser Nahrungsangebot lässt augenscheinlich kaum Wünsche offen, sollte man bezüglich aller wichtigen Kriterien meinen, um uns vollwertig zu ernähren. Was voll ist, braucht nicht ergänzt zu werden, wäre die Schlussfolgerung.

Nahrungsergänzung ja oder nein ist zu einfach gefragt

 

Um die Fragen von Sinn und Unsinn bezüglich Nahrungsergänzungsprodukten zu beantworten, muss man sich im Vorfeld mit dem ernährungsbedingten Ist- und Sollzustand allgemein befassen, aber auch die spezifische Situation bestimmter Bevölkerungsgruppen vergegenwärtigen.

Wie sieht nun die Wirklichkeit an Deutschlands praller Tafel und gefüllten Bäuchen de facto aus? Essen Sie täglich 5-6 Portionen Obst, wie es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, oder 800 Gramm Petersilie, ein Kilo Wallnüsse oder ein halbes Pfund Weizenkeime? Nein? Das sollten Sie aber tun, wenn der Bedarf an den wichtigen Vitalstoffen Vitamin B-Komplex, C, E, Betakarotin und den Spurenelementen Selen und Zink gedeckt sein soll, um zumindest im Kampf gegen die freien Radikale, diesen aggressiven Sauerstoffmolekülen, die unsere Zellen an der Regeneration hindern, sie befallen und letztlich irreparabel schädigen, voll gerüstet zu sein! Antioxidantien werden diese zellschützenden, an vielen komplexen biochemischen Reaktionen im Körper beteiligten Vitalstoffe auch genannt. Sie bilden eine Konstruktion im Körper, deren Statik geschwächt wird, wenn nur einer dieser Vitalstoffe dem Körper dauerhaft fehlt.

Bei einseitiger Ernährungsweise fehlen oft bioaktive Substanzen

 

Was ist mit den Aminosäuren, die aus Proteinen synthetisiert werden, ebenfalls mit vielfältigsten Aufgaben im Zellstoffwechsel betraut und damit äußerst wichtig für unser Wohlbefinden? Sind wirklich alle 8 essentiellen und damit lebenswichtigen und vom Körper selbst nicht herstellbaren Aminosäuren stets Bestandteil unserer Nahrung? Diese benötigen wir als z.B. als Ausgangssubstanzen für Gehirnbotenstoffe wie Endorphine, zur Stimulation des Wachstumshormons, zur Optimierung der Fettverbrennung, zur Stärkung des Immunsystems, als Schlüssel für die Weitstellung der Blutgefäße, zum Aufbau des sauerstoffübertragenden Blutfarbstoffs, zur Entgiftung der Leber usw..

Auch die Bioverfügbarkeit spielt in dem Zusammenhang eine primäre Rolle, denn selbst bei der Aufnahme aller wichtigen Substanzen ist noch nicht gewährleistet, dass diese optimal „verstoffwechselt“ werden und dem Körper damit auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Dieses setzt wiederum einen optimal funktionierenden Arbeitsablauf des Magen- Darmtraktes, insbesondere die Resorption der Nährstoffe im Dünndarm voraus. Pro- und prebiotische Bakterien, wie heute in vielen Produkten enthalten, sollen diese Vorraussetzungen und das dann optimierte Darmmilieu schaffen.

Sind alle industriell hergestellten Nahrungsmittel „vollwertig“?

 

Alles drin im Nackensteak vom Grill, dem Burger und den Fischstäbchen oder ausschließlich pflanzlicher Kost? Wird der Körper mit dem vollständigen Aminosäurenspektrum optimal versorgt, um damit genügend Kollagen aufzubauen für die Stärkung aller bindegewebigen Strukturen wie Knorpel (Bandscheiben, Menisken), Sehnen, Bänder und Gelenkkapseln? Wenn man sich mit Orthopäden aus der Praxis unterhält und Ursachenforschung betreibt, kann dies nicht immer der Fall sein. Übrigens stärkt Bewegung mit nicht exzessiver Intensität ebenfalls unser Bindegewebe. Ja, ja, Bewegung, kommt endlich raus aus den Sesseln, sei hier nebenbei erwähnt!

Darmkrebsrate In Asien fast unbekannt

 

Warum ist eigentlich die Darmkrebsrate, Diabeteshäufigkeit und die Sterblichkeitsrate in Bezug auf die Palette der Herz-Kreislauferkrankungen im Vergleich zum europäisch mediterranen Bereich und vielen asiatischen Ländern sehr hoch? Herzerkrankungen bei den Eskimos sind weitestgehend unbekannt, logisch bei der riesigen Menge an herzschützenden Omega-3-Fettsäuren, die mit der Nahrung (Wal und Robbenfleisch) zugeführt werden. Die Ernährung und die aufgenommenen und verwerteten Nährstoffe spielen ganz offensichtlich eine entscheidende und bedeutende Rolle.

Leider können wir selbst bei großer Akribie in der Auswahl unserer Nahrungsmittel und dem Bemühen um Vollwertigkeit nicht immer davon ausgehen, hier wären dann automatisch alle Vitalstoffe für einen optimal funktionierenden Organismus enthalten.

Studien sprechen eine eindeutige Sprache

 

Wenn man sich vor Augen hält, dass Studienergebnisse belegen, dass heute deutlich weniger Vitamine, Mineralien und Spurenelemente in unserem Obst und Gemüse stecken, muss daran gezweifelt werden. Der so beliebte Apfel enthält heute zum Beispiel im Durchschnitt bis zu 80% weniger Vitamin C, die Kartoffel 70% weniger Calcium und die Möhre 57% weniger Magnesium als 1986. Hier sind unendlich viele Faktoren negativ einflussnehmend wie Überdüngung und sinkender Mineralstoffgehalt der Böden, Pestizidbelastung, Monokulturen, falsche Lagerung, zu frühe Ernte mit der Vorausschau auf lange Transportwege, die die Konzentration lebenswichtiger Substanzen und Mikronährstoffe deutlich minimieren.

Und ob wir als Verbraucher zu dieser Problematik erheblich mit beitragen, wenn wir im tiefsten Winter in die Erdbeere aus Südafrika beißen, kann sich an dieser Stelle jeder selbst beantworten. Nur als Randnotiz: In diesem Moment denke ich an den Salat in Griechenland im letzten Urlaub, dem man seine innere Power schon ansieht und man fast verwundert darüber ist, dass Geruch und Geschmack des Gemüses typspezifisch sind.

Orthomolekulare Medizin auf dem Vormarsch

Haben Sie schon mal etwas von Orthomolekularer Medizin und Linus Pauling gehört? Prof. Dr. Linus Pauling, Physiker, Chemiker und Mathematiker ist der Begründer der modernen Orthomolekularmedizin und wohl die fundamentalste und inhaltsschwerste Definition erbrachte: “Orthomolekulare Medizin ist die Erhaltung einer guten Gesundheit und die Behandlung von Krankheiten durch Veränderung der Konzentration von Substanzen im menschlichen Körper, die normalerweise im Körper vorhanden und für die Gesundheit erforderlich sind“.

Diesen Satz sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen. Linus Pauling erhielt den Nobelpreis für Chemie 1954 und den Friedensnobelpreis 1962, er schuf die Theorie, man könne nach seiner Schätzung aufgrund epidemiologischer Studien durch eine optimale Anwendung ergänzender und hochdosierter Vitamine die Zeit des Wohlbefindens und die Lebensdauer um 25 bis 30 Jahre verlängern.

Nahrungsergänzung kann auch Vorbeugung gegen Krankheiten sein

 

Den präventiven Bereich schwerer Erkrankungsbilder betreffend gibt es unzählige weltweite wissenschaftliche Langzeitstudien, die die vorbeugende Wirkung bei der Ergänzung (Supplementierung) mit Mikronährstoffen wie Vitaminen, Spurenelementen, Mineralien, Amino- und Fettsäuren bestätigen.

Und hier geht es überwiegend um körpereigene Stoffe, deren Konzentration im Körper entscheiden, ob diese vorbeugend oder als Heilstoff wirken. Die Dosis macht also in diesem Falle die Wirkung aus. So ist das o.g. Zitat von Linus Pauling zu verstehen. Dieses Wissen machen sich heute viele Orthomolekularmediziner, Anti-Aging-Spezialisten, Sportmediziner, Heilpraktiker und progressive Ärzte zu Nutze, um ihren Patienten mit verschiedensten Beschwerdebildern zu helfen. Leider springen auf diesen, sich mittlerweile in die richtige Richtung bewegenden Zug auch selbsternannte „Wunderheiler“ auf, die z.B.in absurder Weise bestehende schwere Krebserkrankungen mit dubiosen Vitamincocktails bekämpfen und besiegen wollen. Das dann oft zu Lasten der Erkrankten und mit Bremswirkung für den wegweisenden Zug.

Deutschland durch Lobbywirtschaft rückständig bei sinnvoller Dosierung

 

Leider ist Deutschland in Sachen Nahrungsergänzung ein absolutes „Entwicklungsland“, da Präparate mit mehr als der dreifachen Dosis, als es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung bei der täglichen Zufuhr von Mikronährstoffen empfiehlt, als Medikament zugelassen werden müssen und damit nicht mehr frei erhältlich wären.

Bei Vitamin C sind es heute immer noch 100 mg, die empfohlen werden, die vorbeugend gegen Skorbut wirken, aber nicht präventiv gegen die Freien Radikale. Führende und prominente Orthomolekularmediziner empfehlen1 bis 3 Gramm Vitamin C am Tag! Die gesetzliche Lage ist mit der in der Schweiz einzigartig in Europa und wird von vielen EU-Mitgliedsstaaten hart kritisiert. Die Pharmaindustrie ist in großer Umsatzsorge, sollte sich an der bestehenden Situation etwas ändern und hier eine Liberalisierung bezüglich des Verkaufes von hochdosierten Nahrungsergänzungsmitteln eintreten.

Mit Krankheit und dem Absatz teurer, den Markt überschwemmender Medikamente, die zudem viele Nebenwirkungen haben, lässt sich nun mal mehr Geld verdienen als mit vorbeugend eingesetzten, nahrungsergänzenden Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und Aminosäuren.

Sicher ist auch, dass durch Forschung und den Einsatz moderner Technik und dem Erzeugen von immer wieder neuen chemischen Verbindungen bemerkenswerte Behandlungserfolge auf vielen Gebieten erzielt werden, auf die nicht verzichtet werden kann und darf. Dieses legitimiert aber keinesfalls das systematische werfen von „Nebelbomben“ und Verunsichern der Bevölkerung mit Studien, die bestimmten Lobbykreisen entspringen (Reaktionen im Reagenzglas sind anders als die im menschlichen Körper!) die vor einer Überdosis von Vitaminen warnen.

Exitus durch Nahrungsergänzung?

Wer ist jemals wo an einer Überdosis Nahrungsergänzung gestorben? Täglich sterben allerdings allein in den USA 46 Menschen an der Einnahme von Aspirin! Bei verschriebenen und vor allem zugelassenen Arzneimitteln sind es 5,18% aller jährlichen Todesfälle. Die Forschung auf diesem Sektor ist in den letzten 40 Jahren mit großem Erfolg betrieben worden und sollte zugänglicher und transparenter gemacht werden. Präparate in den USA sind bis zu zehnmal höher dosiert als in Deutschland. Hier nehmen 40% der Bevölkerung hochdosierte Nahrungsergänzung. Ähnlich ist es in England, Japan, den Niederlanden, Portugal und vielen anderen Ländern.

Um zu wissen, ob und welche Nahrungsergänzung,  mit welcher Dosierung in Frage kommt, muss die spezifische Situation jedes Einzelnen betrachtet und vorab analysiert werden. Wie ist die Ernährung tatsächlich, gehören Sie zu einer Risikogruppe wie Raucher, Diabetiker, Vielflieger, Leistungs- oder Extremsportler oder sind Sie Herzpatient? Wie sind Ihre Bewegungsgewohnheiten, wie viel Alkohol trinken Sie? Natürlich gehören die allgemeinen Alltagsbelastungen wie z.B. Stress und andere mentale Belastungen oder der Einfluss von Umweltgiften mit in diesen Ist-Zustand.

Natürliche und frische Produkte bleiben ein Fundament

 

Essen Sie viel frisches Obst und Gemüse, um die Aufnahme an Ballaststoffen zu gewährleisten? Bevorzugen Sie Kantinenessen oder vorrangig Fastfood? Eine sehr exakte Analyse hingegen ergibt eine labordiagnostische Untersuchung, die über das von vielen Ärzten standardisierte große Blutbild hinausgeht. Wie sieht das Aminogramm aus und die jeweiligen Vitamin- und Mineralienspiegel, wie hoch ist das Stresshormon Cortisol und die freien Radikale im Blut konzentriert usw. Wer mögliche Mangelzustände rechtzeitig erkennen will, sollte gerade in Bezug auf die sinnvolle Supplementierung von Nahrungsergänzung den genauen Zustand seiner Situation kennen um dann gezielt gegensteuern zu können.

Weiterhin eine wichtige Frage ist, in welcher Verabreichungsform, in welchen Nährstoffgruppenkombinationen und zu welcher Tageszeit supplementiert wird. Eine flüssige Einnahme hat den Vorteil, dass die Präparate schneller als körpereigener Stoff erkannt werden und somit schneller „bioverfügbar“ gemacht werden können. Mittel in Kapselform mit Depotwirkung, deren Vorteil darin besteht die Wirkung allmählich und über einen längeren Zeitraum abzugeben, sind eine Alternative.

Wie die Verträglichkeit einzelner Produkte ist, die sich aus der Zusammensetzung ergibt, ist ein weiterer wesentlicher Aspekt. Hier nehmen genmanipulierte Grundstoffe, Konservierungsmittel oder allergienverursachende Wirkstoffe negativen Einfluss. Ein aktuelles Beispiel über den Erfolg bei der Einnahme hochdosierter Aminosäuren zeigt das Beispiel des deutschen Weltklasseschwimmers und Mediziners Dr. Mark Warnecke. Dieser startete nach längerer Abwesenheit von der Weltspitze in diesem Jahr ein furioses Comeback mit der Krönung des Weltmeistertitels in Montreal. 18 Kilo Übergewicht, schlechte Fitnesswerte, kaum Aussicht je wieder in die Weltelite vorzustoßen, war die Ausgangssituation.

Leistungssport ohne Nahrungsergänzung?

 

Er schaffte es mit einer speziellen Aminosäurenkombination, die für einen Leistungsschwimmer immens wichtige Muskelmasse bei seiner Diät zu erhalten und noch während dieser Diät wieder an die Weltspitze anzuknüpfen. Das besonders bemerkenswerte und die Sportfachwelt begeisternde darin ist, dass Mark Warnecke bereits 35 Jahre alt ist – ein Alter, in dem die meisten ehemaligen Leistungskader schon mit Breitensport abtrainieren oder TV-Co-Kommentatoren sind. Neues Ziel des Mark W. die Olympiade 2008 in Peking!

Sportmediziner Dr. Müller-Wohlfahrt arbeitet mit orthomolekularer Medizin

Einen sehr guten Einstieg in diese vielschichtige Materie bieten Publikationen des wohl prominentesten und mit weltweitem Nimbus dekorierten deutschen Sportmediziners Dr. Müller-Wohlfahrt („So schützen Sie Ihre Gesundheit“ oder „Mensch, beweg Dich“). Hier kommt ein praxiserfahrener Top-Fachmann auf diesem Sektor zu Wort. Hier werden unendlich viele Beispiele von Nährstoffdefiziten bei Patienten dokumentiert, aus denen massive Beschwerden entstanden sind, deren Behandlungserfolge auf eine gezielte Supplementierung zurückzuführen sind.

Des weiteren erfahren wir sichere Obergrenzen bei der Zufuhr von Nährstoffen z.B. auch bei den fettlöslichen Vitaminen E, D, K und A. Dieser Mann, man glaubt es kaum, wenn der in seiner Funktion als Mannschaftsarzt der deutschen Fußballnationalmannschaft mit jugendlichen Sätzen zu unseren Elitekickern aufs Feld zur Behandlung eilt mit der Ausstrahlung eines Jünglings, ist mittlerweile 60 Jahre alt!

Auch der Klassiker unter den Fitnessfibeln „Forever Young“ von Dr. Ullrich Strunz, Jahrgang 1943, Ultratriathlet (Weltspitze in seiner Altersklasse) und praktizierender Orthomolekularmediziner, lässt uns Näheres erfahren über die Einnahme von Mikronährstoffen. Die Botschaft dieser Herren ist klar: Um unsere Gesundheit dauerhaft und kontinuierlich zu schützen, ist ein Minimal über dem Bedarf besser als über einen langen Zeitraum zu wenig. Vorbeugen ist besser als Heilen! Linus Pauling, der übrigens 1994 mit 93 Jahren in Kalifornien starb, wäre begeistert!
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